Neues zur Insolvenzanfechtung (Vorsatzanfechtung § 133 InsO)

Folgender Artikel stellt keine Rechtsberatung dar!

Erneut hat es sich der Bundesgerichtshof mit einer Entscheidung vom 26.10.2023 bzgl. eines insolvenzrechtlichen Dauerbrenners, der Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO, zurückgemeldet.

Gemäß § 133 Abs. 1 InsO können Rechtshandlungen des Schuldners, also auch Zahlungen, in den letzten 4 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, in die Insolvenzmasse zurückgefordert werden, sofern diese mit dem Vorsatz vorgenommen wurden, die Gläubiger zu benachteiligen, und wenn der andere Teil zurzeit der Handlung den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners kannte. Die Kenntnis des Gläubigers wird dann vermutet, wenn dieser wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners droht und die Handlung die Gläubiger benachteiligt.

In diesen Fällen streiten sich die Beteiligten immer um die Kenntnis des Gläubigers vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners. Die Kenntnis als subjektives Element kann grundsätzlich lediglich anhand von Indizien nachgewiesen werden.

Im vorliegenden Fall sah das Gericht es als erwiesen an, dass die Vermutung zu Lasten des Gläubigers gegeben war. Der Gläubiger war daher im Rahmen der sog. sekundären Beweislast gehalten, nachzuweisen, dass er den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht kannte. Dieser Beweis erfordert grundsätzlich die volle Überzeugung des Tatrichters im Sinne des § 286 ZPO von der Unkenntnis. Es reicht weder aus, dass der Richter in seiner Überzeugung unsicher geworden ist, noch, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Gegenteil der Vermutung spricht.

Laut Bundesgerichtshof ist der Beweis des Gegenteils der Widerlegung der Vermutung erst dann geführt, wenn der Anfechtungsgegner zur Überzeugung des Tatrichters davon ausgehen durfte, der Schuldner werde seine übrigen und absehbar hinzutretenden Gläubiger vollständig befriedigen können.

Eine bloße Hoffnung auf Befriedigung der übrigen Gläubiger ist aber grundsätzlich nicht geeignet, die Vermutung der Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz zu widerlegen.

Es muss sich um eine aus objektiver Sicht gerechtfertigte Annahme handeln, die auf ausreichende Tatsachengrundlagen beruht.

Hiernach ist – gerade bei Sanierungsbemühungen – eine Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners dann nicht gegeben, wenn ein schlüssiges tragfähiges Sanierungskonzept vorliegt.

Die Schlüssigkeit des Sanierungskonzeptes, ist oftmals ein großer Streitpunkt zwischen den Parteien im Rahmen des Anfechtungsrechtsstreits.

Laut Bundesgerichtshof kann der Gläubiger von einem schlüssigen Sanierungskonzept des Schuldners nur dann ausgehen, wenn er in den Grundzügen über die wesentlichen Grundlagen des Konzepts informiert ist, insbesondere über die Ursache der Insolvenz, die Maßnahmen zu deren Beseitigung und eine positive Fortführungsprognose vorliegt.

Es bleibt demnach festzustellen, dass der Gläubiger in Sanierungsfällen sich grundsätzlich das Sanierungskonzept vorlegen lassen und dies auf Schlüssigkeit prüfen sollte.

Insofern darf sich der Gläubiger auf die Angaben des Schuldners oder dessen Beraters zu den Erfolgsaussichten des Konzepts verlassen, solange er keine Anhaltspunkte dafür hat, dass er getäuscht werden soll, oder dass der Plan keine Chancen auf dauerhaften Erfolg hat.

Lediglich Verzögerungen bei der Umsetzung des Sanierungskonzepts begründen nach BGH keine durchgreifenden Zweifel.

Es bleibt demnach festzustellen, dass es für jeden Gläubiger ratsam erscheint, welcher an einer Unternehmenssanierung mitwirkt, sich im Vorfeld seines Sanierungsbeitrages über die rechtlichen Rahmenbedingungen eingehend zu informieren. Insbesondere sollte das Sanierungskonzept auf seine Umsetzbarkeit überprüft werden. Bestehen nicht unerhebliche Zweifel an der Machbarkeit des Konzeptes, sollte man ehe von weiteren Sanierungsbeiträgen die Finger lassen.

Ansonsten läuft man Gefahr, dass man zusätzlich zu den entstandenen Forderungsausfällen, bereits auf die Forderung gezahlte Gelder an den Insolvenzverwalter zurückzahlen muss.

Hinsichtlich sämtlicher insolvenzanfechtungsrechtlicher Themen stehen Ihnen die Haspel Rechtsanwälte als langjährige Anfechtungsexperten jederzeit gerne für ein Beratungsgespräch zur Verfügung.

 

Landau, 26.08.2024 Stephan Haspel, Rechtsanwalt